Der Begriff Generation stammt vom lateinischen generatio, Zeugung, ab und verdeutlicht, dass jede Generation etwas Einzigartiges darstellt. In Bezug auf den Menschen steht Generation für den mittleren Abstand zwischen Vater- und Kindergeneration und auch für eine soziale Gruppe, die eigenständig und von anderen Gruppierungen unterscheidbar ist.
Der heute sehr populäre Begriff der Generation wurde bereits in der Antike in Homers Werken, bei Herodot, oder von Immanuel Kant zwischen 400-500 v.Chr. problematisiert und bereits Aristoteles klagte: „Wenn ich die junge Generation anschaue, verzweifle ich an der Zukunft der Zivilisation“ (Aristoteles, 384-322 v. Chr.) Tatsächlich scheint es seit 5.000 Jahren eine Konstante zu sein, das Verhalten der Jugend zu beklagen.
Was macht die Generationenforschung?
Die Aufgabe der Generationenforschung ist es, objektiv zu ermitteln, ob und worin sich Generationen unterscheiden und welche besonderen Merkmale aktuelle Jugendgenerationen aufweisen. Diese Überlegung kam erst durch den deutschen Philosophen Wilhelm Dilthey zu tragen, der in Generationen einen engeren Kreis von Individuen sah, die alle von denselben großen Tatsachen und Veränderungen abhängig und trotz ihrer Verschiedenheit zu einem homogenen Ganzen verbunden sind. Darauf aufbauend entwickelte der Soziologe Karl Mannheim Anfang des 20. Jahrhunderts die erste Theorie der Generationen. Heute blicken wir auf einen knapp 90-Jahre alten Forschungsstrang. Vor allem aber hat die Generationenforschung in den vergangenen 15 Jahren stark an Popularität gewonnen - über die sogenannte Generation Y (Jahrgänge 1981-1994) entstanden die ersten Studien, die primär für die Berufswelt ausgelegt waren. Damit fand die Generationenforschung auch in den Leitmedien Einzug.
Generationslagerung
Damit man von „einer Generation“ sprechen kann, benötigt es verschiedene Arten von Generationszusammenhängen. Der erste Zusammenhang ist die rein zeitliche Lagerung von Individuen in einer Gesellschaft, die deren individuelle Lebens- und Spielräume beschränkt und damit die Art und Weise des Denkens und Erlebens einrahmt. Die Lagerung alleine stellt jedoch erstmals nur einen Rahmen her, in dem eine Generation rein theoretisch gemeinsam soziale Strömungen wahrnehmen und geprägt werden kann. Diese zeitliche Lagerung von Individuen ist jedoch noch nicht zwangsläufig prägend für ein Kollektiv.
Generationszusammenhang
Der zweite Zusammenhang ist das gemeinsame Erleben von Schicksalen. Es würde niemand auf die Idee kommen zu behaupten, die deutsche und die japanische Jugend um 1900 wären auf dieselbe Art und Weise geprägt. Erst durch die Möglichkeit, dass eine Generation während ihrer prägungsoffenen Jahre an denselben geistigen und sozialen Inhalten teilnimmt und diese bewusst wahrnehmen kann, entsteht ein Generationszusammenhang.
Gesellschaftliche Großereignisse können Generationen prägen
Die dritte Voraussetzung zur Entstehung von Generationen sind einheitsstiftende Faktoren. Das sind z.B. soziale Phänomene, politische Großereignisse oder auch Naturkatastrophen. Prägende Großereignisse müssen in der Lage sein, alle Mitglieder einer Generationeneinheit zu erreichen und diese nachhaltig zu prägen. Das sind Phänomene, die nicht der erwarteten Realität entsprechen und einschneidende gesellschaftliche oder soziale Ereignisse darstellen. Damit werden sie für die betroffenen Gesellschaftsmitglieder vor allem in deren formativen Phase als prägende Ereignisse bezüglich deren Haltungen, Werten und Einstellungen definiert.
Gesellschaftlicher Wandel bestimmt die Prägung von Generationen
Das Entstehen von Generationen mit bestimmten Charakteristika ist eng mit der Geschwindigkeit von gesellschaftlichem Wandel verbunden. In früheren Gesellschaften, gab es demnach deutlich weniger Generationsimpulse. In früheren landwirtschaftlich geprägten Gesellschaften wurde vom Großteil der Bevölkerung Subsistenzwirtschaft betrieben. Dort versorgten sich Großfamilien selbst durch Landwirtschaft - sozialer Wandel und Wertewandel war im Vergleich zu den heutigen komplexen Gesellschaften deutlich langsamer. Die Wertvorstellungen und Tätigkeiten von jungen Generationen waren denen der Eltern-, und Großelterngeneration sehr ähnlich. Damit fand auch eine ähnliche Prägung statt. In modernen, komplexen Gesellschaften unterscheiden sich die Bedingungen des Aufwachsens zunehmend von denen der Elterngeneration. Das nimmt heute aufgrund schneller technologischer Entwicklungen zu. Wie einzelne Generationen geprägt werden, hängt deshalb in hohem Maße von der Geschwindigkeit sozialen und kulturellen Wandels ab. In Phasen langsamer Veränderung vollzieht sich die Aneignung von Kulturgütern und die Verarbeitung von sozialen Veränderungen demnach unbewusst und wird dementsprechend auch nicht problematisiert und weniger prägend.
Unabhängig davon, ob eine Generation gemeinsam ein Großereignis als prägend wahrnimmt, gilt heute der Grundsatz, dass jede neue Generation in eine Welt hineinwächst, die sich von den Sozialisationsbedingungen der Vorgängergeneration unterscheiden. Während die Generation Y das Internet über Modem in den Jugendjahren kennengelernt hat, haben die Babys der Generation Z (Jg. 1995-2010) schon über die ersten Touchscreen-Bildschirme gewischt. Werden in zukünftigen Gesellschaften vermehrt Prozesse im öffentlichen Raum automatisiert und durch Algorithmen organisiert, wird das für die Nachfolgegeneration, die Generation Alpha (Jg. ab 2011), als Selbstverständlich wahrgenommen. So interpretiert jede Jugendgeneration ihre Lebenswelt immer auf Basis dessen, was als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird.